Zeitgeist der Menstruation – gestern - heute – morgen: 21. Jahrhundert

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posted by: Manuela

 Wie wurde die Menstruation zu alten Zeiten gesehen? Wie hat sich die Einstellung zur Regelblutung über die Jahrhunderte gewandelt und was ist gleich geblieben? Erlebe in diesem wie in den kommenden Blogartikeln eine kleine Zeitreise zum „Frauenblut“ durch die Jahrhunderte und Jahrtausende.

 

Frauenblut

 

21. Jahrhundert

Im neuen Millennium scheint die Menstruation nicht mehr zum Zeitgeist der modernen Frau zu passen. So stellen der Gynäkologe Elsimar Coutinho und der Biochemiker Sheldon Segal im Jahr 2000 gar die Frage, ob „die Menstruation obsolet“ sei. Weiters führen sie aus: “Die unaufhörliche Menstruation ist unnötig und kann für die Gesundheit der Frauen schädlich sein. Sie ist ein nutzloser Blutverlust.“[i] Hat die Menstruation nun endgültig ausgedient? Biologisch gesehen trifft dies bereits auf einen Großteil westlicher Frauen zu: Bei hormoneller Verhütung steht der Zyklus still, die Menstruation ist tatsächlich abgeschafft und die punktgenau alle 28 Tage eintretende Blutung nur eine Entzugsblutung.

 

Wir vergessen wohl allzu gern, dass es ohne den Menstruationszyklus auch keine Fortpflanzung geben würde. Ohne das Frauenblut wären wir also schon lange ausgestorben. Auch wenn Hormontherapien und künstliche Befruchtungen immer häufiger werden, die Natur kann es immer noch am besten.

 

Bei der Menschenrechts- und Menstruationskonferenz in Boston im Jahr 2015 müssen die Fenster der Suffolk University verhängt werden, damit kein zufälliger Passant durch die Menstruationsartikel verstört wird. Vor der Präsidentschaftswahl in den USA wird sogar öffentlich diskutiert, ob es ein Vorteil wäre, dass Hillary Clinton den Wechsel bereits hinter sich hat, was sie belastbarer und weniger emotionaler mache als eine menstruierende Frau. Frauen müssen heute also allzeit zu 100 Prozent funktionieren, ob sie das dann auch aber wirklich schaffen, wird bezweifelt, und das ganz öffentlich.

 

2017 führt die Initiative Erdbeerwoche, die sich für Aufklärung rund um die Periode in Schulen stark macht, die erste repräsentative Umfrage zu Menstruation und Monatshygiene unter österreichischen Jugendlichen durch. Ihre Ergebnisse sind ähnlich ernüchternd wie schockierend: 88 Prozent der Mädchen leiden unter Menstruationsbeschwerden und 60 Prozent haben ihrer Tage gegenüber eine negative Einstellung. Eine von drei leidet unter Bauchkrämpfen und die wenigsten wissen, was sie gegen die Regelbeschwerden tun können. Hier wird deutlich, wie groß der Aufklärungsbedarf über Hausmittel vor allem bei jungen Mädchen noch ist! Beim Basiswissen über die Menstruation fallen mehr als die Hälfte durch. So weiß jedes sechste Mädchen und jeder dritte Junge nicht, was Menstruation eigentlich bedeutet. Mehr als die Hälfte von ihnen glaubt sogar, die Mädchen bekämen die Blutung zum Zwecke der Verhütung.

 

Auch in anderen Ländern ist die Menstruation im 21. Jahrhundert nach wie vor ein großes Tabuthema. In der Netflix Dokumentation „Stigma Monatsblutung“ erhält ein junges indisches Mädchen auf ihre Frage „Warum passiert es?“ von einer alten Frau folgende Antwort: „Das weiß nur Gott. Es ist schlechtes Blut, das herauskommt.“ Nach wie vor dürfen Mädchen und Frauen während ihrer Tage nicht in den Tempel, sie sind dann schmutzig und ihre Gebete werden sowieso nicht erhört. Wie traurig, denn die Göttin zu der sie beten, hat selbst einen weiblichen Körper.

 

Aber es gibt auch Gegenbewegungen, wie die der Period Pride, #PeriodPositive, Periodenparties und Menstruationsblogs aus allen Ländern. Allgemein spricht man von einer Menstruationsbewegung (menstrual movement), mittlerweile sogar vom „global menstrual awakening“, also dem weltweiten Menstruationserwachen oder der Menstruationsrevolution, man könnte fast sagen der „Menstru-Nation“. Seit 2014 ist der 28. Mai der „Internationaler Tag der Menstruationshygiene“ und es gibt Forschungen und Initiativen zum neuen Schlagwort „Menstruationshygienemanagement“.

 

Für die Enttabuisierung treten auch Fotografinnen wie Nolwen Cifuentes sowie Rupi Kaur ein. Erstere setzt mit ihrer Reihe „Period Piece“ ein zeitgenössisches Zeichen gegen das Sextabu während der Menstruation. Die Menstruationsfotos der letzteren werden erst so richtig bekannt, nachdem Instagram ihre Selbstportraits von der Plattform löschte, – „eine Zensur, die Prüderie und ein veraltetes Frauenbild verdeutlichte“[ii], sagt eine österreichische Tageszeitung dazu.

 

2016 protestiert eine Gruppe weiblicher und männlicher Studenten an der Beaconhouse National University in Pakistan gegen das Menstruationstabu. Dazu bekleben sie eine ganze Wand mit beschrifteten Binden, wie “This blood is not dirty” (Dieses Blut ist nicht schmutzig), “Don’t hide me” (Versteck mich nicht) und “Why am I more embarrassed to buy a pad than a condom?” (Warum schäme ich mehr, eine Binde zu kaufen als ein Kondom?).

 

Mittlerweile gibt es sogar ein „male menstrual movement“, welches aber eher im Bereich der Parodie anzusiedeln ist. Aber immerhin, die Menstruation wird mehr und mehr Thema, ist also alles andere als obsolet!

 

Mehr zur Geschichte der Menstruation:

Prähistorisches und Altes Ägypten

Antike

Mittelalter

Neuzeit

19. Jahrhundert

20. Jahrhundert

 

Weiteres zum Thema „Menstruation“ sowie eine Menge alternativer Heilmittel für die Mondblutung gibt es in meinem Buch „Frauenblut – Dein Ratgeber für die Menstruation“ zu finden. Erscheinungstermin ist der 17. Juni 2021.

 


[i]         Zitiert nach: Kleen: Das Tage-Buch, 2017, S. 203.

[ii]        https://www.derstandard.at/story/2000093219969/menstruieren-ohne-rot-zu-werden (zuletzt eingesehen am 2.3.2020)